The Barking Bats, Celle
Copyright an allen Fotos und Texten The Barking Bats. Veröffentlichung der Story und der Fotos mit freundlicher Genehmigung von Christoph Schlüter.

The Barking Bats 1965 - 1967

"Wenn ich so zurückblicke, dann hat es auch bei mir mit dem Rock'n Roll angefangen, Ende der 50er Jahre. Die Elvis' Singles, Bill Haley, ja auch Peter Kraus lagen bei meiner damals 17jährigen Tante auf der Anrichte herum und wenn ich mich allein im Wohnzimmer aufhielt, legte ich sie sofort auf den mobilen kleinen Plattenspieler und drehte die Lautstärke so weit auf wie nur möglich. "You ain't nothing but a hounddog" ...

Das war's, das kam voll gut - bis meine Großmutter grummelnd, mit bösem Blick und erhobenem Zeigefinger, aus der Küche ins Wohnzimmer stürzte und das Volumen fast wieder auf Minimum runterdrehte. "Was sollen bloß unsere Nachbarn denken... Wir sind doch nicht bei den Hottentotten!" Da war ich neun oder zehn Jahre alt, ordentlicher Fassonschnitt und Omas Liebling. Ende der 50er Jahre wurden 5 Watt nicht ausgefahren." So erinnert sich Chris.

Anfang der 60er kam für kurze Zeit Skiffle auf. "Michael row the boat ashore" war damals ein ganz beliebter Titel. Da trafen wir uns mit Waschbrett, Banjo, Gitarre und Mandoline und sangen inbrünstig auch: "Wir lagen vor Madagaskar..." oder "Michael row the boat ashore". Bald hörten wir immer häufiger Cliff Richard mit den Shadows. Die Instrumentals der Shadows wie "Apache" oder "Shindig" spielten wir nach. Und ... Yeah, yeah, yeah, endlich kamen sie, die Wegbereiter des Rock in Europa und der übrigen Welt: die Pilzköpfe, John, Paul, George und Ringo, "The Beatles". "Twist and Shout" war der absolute Hammer.

Wir waren stolz wie die Schneekönige, als wir 1964 die drei Akkorde des Songs länger als 15 Minuten auf der Gitarre schrammeln konnten! Nun war es Zeit für die E-Gitarre von Framus. Chris, der von Rotenburg nach Celle umzog, brachte eine mit. Er hatte im Herbst beim Bauern während der Kartoffelernte geholfen, Eicheln und Kastanien gesammelt für die Försterei und sonntags Zeitungen ausgefahren. Für beinhart gesparte 256 DM kaufte er eine niegelnagelneue Framus in Bremen. Natürlich ließ er sich seine Gitarre nicht einpacken. Die sollte jeder sehen, als er damit stolz wie ein Schneekönig nach Hause fuhr. Er war glücklich wie nie zuvor. Ein Jahr hatte er drauf gespart, nun war sie sein eigen.

In Celle wurde er für seine E-Gitarre bewundert, denn angeschlossen ans alte Radio von Löwe Opta oder an das Tonbandgerät TK 35 von Grundig klang das schon echt riesig. Wer spielte eigentlich noch Gitarre am Hölty-Gymnasium? Der da mit der Elvistolle, die er immer nach vorne über die Augen kämmte, wenn kein Lehrer in Sicht war? Und eh wir uns versahen, saßen Ali, Chris, Pimpusch, Wolo und zu Beginn auch Erbse im Wohnzimmer und malträtierten die kreischende Musiktruhe, bis die Nachbarn durch ständige Klingelattacken unmissverständlich deutlich machten, dass das wohl so nicht weiter ginge.

Wir zogen ein paar Straßen weiter zu Ali, unserem Drummer. In seinem Zimmer im ersten Stock konnten wir uns austoben. Seine Mutter ließ uns den nötigen Freiraum. Die Nachbarn waren etwas weiter weg. Der Bandname wurde im Chemieunterricht kreiert: "The Barking Bats" (Die Bellenden Fledermäuse, weiß der Hugo wieso uns dieser Name einfiel.... Wir vermuten, weil "The Barking Bats" ähnlich klang wie "The Rolling Stones"...). Anfang Januar 1965 rief dann der erste Auftritt bei einer Schulfeier im Ratskeller in Celle. Verstärkt wurden unsere Gitarren über Radios und ein Tonbandgerät. Das Mischpult baute unser Drummer selbst. Danach war nichts mehr wie vorher!!!

Ehe wir uns versahen ging es Schlag auf Schlag. Der erste Auftritt im "Haus der Jugend" in Celle, dem sofort
weitere folgten. Die erste Gage bestand aus einer Cola, einer Bockwurst und 5 Mark! Samstagsabends standen lange Schlangen von unseren Freunden und Celler Teenagern vor dem Eingang und wollten dabei sein. Viele kamen zu spät. Also trafen sie sich schon zwei Stunden vorher. Doch schnell wurde deutlich, dass dieser Ort viel zu klein war für all die Celler Kids, die samstags zu den "Bats", wie unsere Fans uns nun riefen, pilgerten. Also suchten wir uns ein neues Quartier in der Emigrantenstraße. Danach fanden wir für ein paar Monate in Lachtehausen bei Celle einen Spielort. Der Gasthof existiert noch heute.

Doch auch der Saal war schnell zu klein und endlich fanden wir einen großen Schützenhaus-Saal in Altenhagen bei Celle, den wir im Jahr 1966 in "Route 66" (nach einem Songtitel der Rolling Stones benannt, den wir oft als Opener spielten) umtauften und der für zwei Jahre unser ständiges Quartier wurde, wenn wir nicht auswärts spielten. 2, 3, ja 400 Jugendliche aus Celle und dem Landkreis kamen hier an den Wochenenden stets zusammen. Bald spielten wir auch sonntagsnachmittags immer vor vollem Haus. Mit einem Mal waren wir eine begehrte und über den Landkreis hinaus bekannte Rockband, und das mit ganzen 17 Lenzen...

In den Sommerferien 1965 wurde in der Fabrik, auf dem Bau und im Lebensmittelgeschäft gejobbt und alles Geld zusammengelegt. Dadurch konnten wir endlich eine richtige Anlage anschaffen, wobei wir die großen Boxen selber bauten. Ali, unser Schlagzeuger kümmerte sich um die technischen Details, wie er das heute auch immer noch macht. Das war ziss fab! Und als Leadgitarrist kam im Herbst Funzel, ein guter Schulfreund von Chris aus Hemsbünde bei Rotenburg/Wümme dazu und Chris wurde unser Frontmann.

Jedes Wochenende kam Funzel angereist und sonntagabends wurde er wieder nach Hause gefahren, 80 km hin und 80 km zurück.. Wir hatten ja noch keinen Führerschein. Aber immer waren Freunde da, die uns fuhren. Für unseren ersten VW-Bus streckte uns Alis Vater das Geld vor. Das war schon ungewöhnlich, denn die Rockmusik war eher ein rotes Tuch für unsere Elterngeneration!!! Nun konnte es richtig losgehen.

Von da an gab es vermehrt Auftritte an vielen Orten im Landkreis Celle, in Rotenburg an der Wümme, im damaligen Savoy in Hannover, in Helmstedt, in Braunschweig, Soltau, Bergen, Burgdorf, in Wittingen und den vielen kleinen Orten. Selbst die Tommies engagierten uns für ihre Feiern in den Celler Kasernen. Ja, damals wars, der Mond schien helle, als unser roter VW-Bus blitzeschnelle langsam um die Ecke bog. Wir trugen die TOP-20-Hits und die Flower-Power-Mode in die alten Dorfballsäle der Provinz, den Twist, die Songs der Beatles, der Rolling Stones, der Animals, Pretty Things, Kinks, von Jimi, usw.

1967 konnten wir uns dann den lang ersehnten Fender-Bass, die Gibson- und Vox-Gitarre, den Vox AC 30 sowie ein Ludwig-Schlagzeug kaufen. Ein erhebendes Gefühl! Wir spielten auf Instrumenten wie unsere Idole... Die Bats, gekleidet in den Farben der Flower-Power-Mode, waren überall gern gesehene Musiker und Freaks. Als die Carneby-Street-Mode aus London nach Celle schwappte, sollten wir zur Werbung eine Woche bei Karstadt spielen.

Doch es kam anders. Bei Karstadt lief nichts mehr, hunderte Jugendliche drängten sich in die Etagen und versuchten in den zweiten Stock zu gelangen. Der Verkauf brach völlig zusammen und wir wurden nach zweimailgem Auftritt ausbezahlt und die Werbeaktion kurzerhand angebrochen.

Wir gewannen mehrere Bandwettbewerbe und spielten z. B. als Vorband bei Englands erster Frauenband, den "Liverbirds". Im Sommer 1967 löste sich unsere Urformation aus verschiedenen Gründen auf: unterschiedliche musikalische Vorstellungen, Bundeswehr, Familiengründung, Studium und auch Berlin (West) rief die Bundeswehrvertriebenen. Doch nur für läppische 25 Jahre, ein Vierteljahrhundert, was ist das schon?!! Dann kletterten wir wieder gemeinsam auf die Bühne mit den Songs, dem Beat und den Hits unserer Jugend... Music never ends.

 

 

Die Besetzung - damals und heute:
Ali Gesang und Drums
Chris Gesang und Gitarre
Funzel Gesang und Gitarre
Pimpusch Gesang und Bass
Wolo Gesang, Gitarre und Keyboard

 




The Barking Bats 1992 bis heute

Im Jahre 1991 sahen wir uns auf Initiative von Chris wieder. Wir trafen uns im Ratskeller in Celle, dort, wo wir das erste Mal im Jahr 1965 öffentlich gespielt hatten. Es war das erste Mal nach 24 Jahren, dass wir wieder gemeinsam zusammenhockten.

Natürlich gab es eine Menge zu erzählen - und alle spürten irgendwie, da war noch Sprit im Tank, das war noch nicht alles gewesen. Wir fanden schnell Geschmack an Chris' Vorschlag, im Spätsommer 1992 unter dem Motto "25 Jahre danach ... The Barking Bats" noch einmal gemeinsam in Celle auf die Bühne zu steigen.

In den vergangenen Jahren waren wir alle in verschiedenen Formationen weiter unserem Hobby Musik nachgegangen. Der eine hatte sich mehr mit Rock und Pop, der andere mehr mit Polit- oder Top-40-Rock beschäftigt. So fiel es uns leicht, in kurzer Zeit 20 Songs aus unserem ehemaligen Repertoire für ein Revival einzuüben.

Man höre und staune: Zu diesem gelungenen Comeback kamen aus allen Himmelsrichtungen um die 700 alte Fans und Freunde nach Celle in die Städtische Union, manche von weit her, ja sogar extra aus Portugal und Schweden, und feierten ein fröhliches Wiedersehen mit der Band ihrer Jugend und mit vielen alten Freunden, mit denen wir die Schul- oder Lehrzeit verbracht hatten.

Das Comeback war ein voller Erfolg und die Zeit der Vorbereitung für die Bats prall gefüllt mit Jux, Spaß und Tollerei. The same procedure as many years ago, yeah. So entschieden wir, obwohl wir ja seit vielen Jahren in verschiedenen Städten lebten, mit der Band weiterzumachen, soweit dies Familie und Beruf zuließen, frei nach dem Motto aus den 60er Jahren: "... and the beat goes on". Nur Wolo wohnt noch vor Ort in Celle, Ali bei Uelzen, Funzel bei Bremen und Pimpusch und Chris in Berlin.

Unsere Entscheidung für die Fortführung de Bandprojektes war ganz nach dem Geschmack unserer alten Freunde und Weggefährten, die dies begrüßten und seitdem pilgern jedes Jahr im Herbst alte Freunde und Schulkameraden zu unserer Flower-Power-Rocknacht nach Wienhausen in den Braugasthof Mühlengrund bei Celle. Und jedes Jahr überraschen uns Freunde von damals, die wir seit den 60ern nicht mehr gesehen hatten. Klar, wir haben zudem viele neue Fans gewonnen, die sich auf unsere alljährlichen Flower-Power-Rocknächte freuen, die sich stets als stimmungsvolle Abtanz- und Mitsingfeten und Wiedersehenstreffen mit alten Freunden gestalten. Neben Celle sind auch Berlin und ab und an Hamburg Spielorte geworden.

Mitte der 90er Jahre spielten wir mit anderen Celler Bands eine CD ein. Seit unserem Neustart spielen wir nun auch schon wieder 18 Jahre (!!!), wer hätte das für möglich gehalten. Klar ist unsere Mucke einzig ein Hobby, davon können wir nicht leben. Aber man kann uns zu verschiedenen Anlässen buchen wie Oldie-Nights, Stadtfesten, als Einheizer bei Konzerten, Open-Air-Veranstaltungen, privaten Feiern usw.

Die Barking Bats bleiben als Coverband - mit ganz eigenwilligen Interpretationen - natürlich den Songs der Flower-Power-Ära verbunden, die uns musikalisch geprägt und deren Rhythmus wir einfach im Blut haben: "Get your kicks on Route 66". Route 66, die Straße, auf der der Weg immer zugleich auch das Ziel ist. Das ist der Rhythm'n Blues der frühen sechziger Jahre, dieser ganz spezielle Beat, der AC 30-Sound und die geliebten alten Hits. Das wird sich nie ändern. Natürlich enthält unser Repertoire auch Soul- und Pop-Stücke, das versteht sich ganz von allein.

Mittlerweile sind die Bats Niedersachsens einzige original Flower-Power-Rockband aus den Swinging Sixties, musikalische und kulturelle Zeitzeugen und als solche echtes Rock-Urgestein. Die Musik der 60er Jahre war ja geprägt davon, dass ganz unterschiedliche Stilrichtungen zusammenkamen, sei es der Blues und Rock´n Roll aus den USA, die Rhythmen aus Südamerika oder Afrika, die spanische Gitarre oder der Orgelsound der ehrwürdigen christlichen Kirchen. Die Rockmusik, die zu der damaligen Zeit auch in Deutschland laufen lernte, verband diese verschiedenen musikalischen Stile und wurde so eigentlich zur Wiege der heutigen world-music.

Seit Januar 2009 spielt auch unser 5. Mann Willi wieder mit, damals Leadgitarrist, heute Multitalent und einsetzbar an allen Instrumenten. Er ist nach wie vor unser Fachmann für die Schweineterz, yeah. Chris spielt seit Ende der 90er die Leadgitarre. Er hat sich das echt noch draufgeschafft, denn früher war Chris in erster Linie der Sänger der Bats. Und Wolo hat zusätzlich zur Rhythmus-Gitarre Platz am Keyboard genommen. Yeah, yeah, yeah!

Wir sind nach wie vor eine absolute Partyband, die den Sound, den Beat und die Hits der Swinging Sixties mit Schmackes, cool und überzeugend rüberbringt und unsere Musik verbreitet sofort absolute Tanzlaune und Lust auf Mitsingen. Auch mit dem einen oder anderen Konzert haben wir unser Publikum schon begeistert und niemals kommen wir ohne eine Handvoll Zugaben von der Bühne. Was wir ja auch gar nicht wollen, zugestandener Maßen. Niedersachsens einzige original Flower-Power-Rockband der Swinging Sixties gibt sich die Ehre, wenn ihr wollt.

Ihr findet auch etwas über uns in "Das Niedersächsische Bandkompendium" von Matthias Blazek. Er hat in dem Buch vieles über die Bands, die im Zeitraum von 1963 - 2003 in Niedersachsen aktiv waren, zusammengetragen. Das Buch ist echt interessant und gibt einen guten Überblick.

Im Jahre 1965 gegründet, feierten wir in 2005 unser 40jähriges Bühnenjubiläum, wenn wir auch zwischenzeitlich 25 Jahre lang in anderen Formationen immer mal wieder aktiv waren. Heute, wir schreiben das Jahr 2010, sind wir zwar 18 Jahre älter geworden, ein bisschen weiser, manchmal tierisch heiser, doch kein bisschen leiser, heizen unsere AC 30 immer noch bis ans Limit und machen weiter, als sei nichts gewesen. Wer weiß, was noch kommt ...

Ok, die Haare werden weiß, im Rücken zwackts ab und an, die Nächte werden etwas kürzer, das Schleppen der Anlage übernehmen mittlerweile Roadies, doch das hält uns nicht davon ab, weiter Kurs auf der "Route 66" zu halten, frei nach dem Motto: "Born to be a rock'n roller"!

Es ist ein riesengroßes Geschenk, dass wir fünf Freunde immer noch Jahr für Jahr zusammen abrocken können. Wir freuen uns jedes Mal tierisch darauf und auf das Wiedersehen mit all den alten und neuen Fans und Freunden. Gemeinsam musizieren, da geht uns immer das Herz auf und verzaubert uns, als würde uns eine Froschkönigin wachküssen und die Zwänge des Alltags verfliegen für ein paar Stunden. Und dabei vor uns das fröhliche Völkchen ausgelassen und entspannt tanzen und hin und her wogen zu sehen, das hat etwas Magisches wie früher die Urvölker, die sich dem Klang der Trommeln, der Rasseln und dem gemeinsamen Sing-Sang hingaben und in eine andere Sphäre des Erlebens verrückten. Musizieren und Tanzen, das bereichert das Leben mit ungeahnten Glücksmomenten. Und da ist gut so, sagt auch unser Bürgermeister in Berlin.

Mittlerweile sind Pimpusch und Chris für das Bandprojekt zweimal um den Erdball gedüst. Wir alle fünf haben keine Mühe gescheut, das Bandprojekt seit 1992 fortzuführen. Die dritte Erdumrundung haben wir schon in Angriff genommen und die wollen wir auf alle Fälle vollmachen, bevor die Finger vielleicht irgendwann nicht mehr wollen. Aber dann können wir ja immer noch Akapella singen..

 

The Barking Bats haben eine eigene Homepage und geben dort aktuelle News bekannt.

www.the-barking-bats.de